Religiöser Jungscharalltag

„Lasset die Kinder zu mir kommen!“
 
Kinderpastoral ist immer ein Dialog. 
Religion, Glaube und Kirche werden in der modernen Gesellschaft mehr denn je zum Thema gemacht. Auch wenn Gottesdienstbesuche am Sonntag schwinden, die Auseinandersetzung mit Religion und Glaube spielt im Leben vieler Menschen eine wesentliche Rolle. Du als Gruppenleiterin und Gruppenleiter der Jungschar bist, weil du zur Kirche automatisch dazugehörst, in dieser Diskussion eigentlich klar zugeordnet. Wir haben als Organisation innerhalb der Kirche einen klaren Auftrag: Die Kinder zu Jesus führen! „Evangelisierung“ heißt hier der Fachausdruck. Ist für uns aber immer klar, was dieser Auftrag bedeutet? Ist es nicht so, dass Jesus schon automatisch bei den Kindern ist und somit die Kinder bei ihm? Begegnet uns Jesus nicht in den Kindern in jeder Gruppenstunde? Und ist diese Begegnung nicht schon das, was Kirche ausmacht?
 
Wer ist Kirche? 
Im medialen Wirrwarr, aber auch in so manchem Pfarralltag, entsteht oft der Eindruck, Kirche würde sich vor allem von geweihten Priestern und Diakonen, oder gar nur von der Kirchenleitung im Vatikan her definieren lassen. Kirche ist zu aller erst aber die Gemeinschaft der Gläubigen. Immer dann, wenn wir uns als Christinnen und Christen treffen, miteinander arbeiten, spielen und leben sind wir Kirche und treiben Evangelisierung. Die Tradition innerhalb der Kirche bietet uns eine Fülle von Möglichkeiten, wie eine lebendige Beziehung zwischen uns und Gott gelingen kann. Patentlösungen gibt es aber nicht. Wir selbst müssen die für uns richtige Ausdrucksform finden und auch den Kindern in der Jungschar können wir unsere Unterstützung anbieten.
 
Zweifel sind wichtig. 
Auch Phasen des Zweifelns, des Fragens und Hinterfragens von Jesus und den Mechanismen in der Kirche und in der Welt sind wichtig für die religiöse Entwicklung von uns Menschen. Ein reflektiertes, eigenes Gottesbild, das auch unangenehme Fragen zulässt, ist meist wichtiger, als Wissen um theologische Fakten. Gerade auf Fragen nach dem Zusammenhang zwischen Gott und dem Leid in der Welt, gibt es auch für uns keine zufriedenstellende Antwort. Zweifel und Klage sind damit uralte Ausdrucksformen der Beziehung zwischen Gott und dem Menschen. Das heißt, auch wenn wir den Kindern Stütze und Wegweiser sein sollen, müssen wir nicht unerschütterlich die Großen Lehren der Kirche aus dem Handgelenk schütteln, wenn Fragen auftauchen. Wie dürfen und müssen Raum zur Diskussion und zum Zweifeln geben.
 
Religiöse Erziehung ist ein Dialog. 
Im Aufruf Jesu „Werdet wie die Kinder!“ steckt ein zentrales Anliegen der Jungschar. Religiöse Erziehung darf nicht heißen, Kindern ein bestimmtes Verhalten als Ausdruck christlicher Frömmigkeit anzutrainieren und abzuverlangen oder ihre Beteiligung am Gemeindeleben davon abhängig zu machen. Vielmehr geht es darum, auch von den Kindern zu lernen, wie das Fragen, das Wundern und ganz alltägliche Dinge zu religiösem Fragen führen können. Eine kinderpastorale Begegnung findet somit immer auf Augenhöhe statt und nimmt Kinder als eigenständige Christinnen und Christen wahr.
 
Wir arbeiten in der Kirche. 
Nicht zuletzt der Rahmen und die Räumlichkeiten, in denen die Gruppenstunden der Jungschar- und Minigruppen stattfinden, sind ein sichtbares Signal: Wir arbeiten in, für und durch die Kirche. Mit unseren Kompetenzen und Fähigkeiten decken wir meist nicht die gesamte Bandbreite religiöser Erziehung ab und das müssen wir auch nicht. Es gibt in der Pfarrei meist noch andere engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich mit Kinderpastoral beschäftigen. Mit ihnen engen Kontakt zu halten und so ein breites Angebot in der Pfarrei zu gewährleisten, erscheint besonders wichtig. Wir sind durch unsre Taufe dazu beauftragt, Kirche zu gestalten, mit und für die Kinder, damit sie groß und stark werden können.
 
 
Wann kommt Gott in die Jungschar?
Alle Gruppenstunden sind religiöse Stunden! Auch in den Spielstunden erfahren Kinder einen wichtigen Wert der Christinnen und Christen, nämlich was Gemeinschaft heißt. Die Zeit du dir als Gruppenleiterin und Gruppenleiter nimmst, die Geduld, Motivation, Ausdauer und Liebe, die du in Gruppenstunden reinsteckst, all diese Dinge spürt ein Kind. Im gemeinsamen Spielen, Tanzen, Diskutieren „über Gott und die Welt“ erleben Kinder was Vertrauen, Dankbarkeit, Verzeihen, Freude, glücklich sein, Hilfsbereitschaft, Hoffnung heißt. Bei all diesen Erfahrungen, die ein Kind in deiner Gruppe sammeln darf, ist Gott dabei! Deine religiöse Haltung, deine Einstellung und dein Glaube an Gott beeinflussen die Kinder meist vielmehr, als eine im klassischen Sinne „religiöse“ Gruppenstunde mit Bibel & Co. Es gibt eine sehr große Vielfalt in der Jungschar Gott zu (er)leben. Im Anhang findest du religiöse Bausteine für religiöse Werte, die ihr (versteckt) in der Jungschar bereits lebt und die weiterhin eure gemeinsamen Stunden prägen können.
 
 
Kindergottesdienste
 
Gottesdienst ist Ort der Gottesbegegnung. 
Kindergottesdienst ist weder Schulunterricht, noch Bastel- oder Spielstunde. Er ist Ort der Begegnung mit Gott, und es ist alles zu tun, was diese Begegnung fördert.
 
Gottesdienst ist Dialog. 
Nicht wir „machen“ einen Gottesdienst, sondern Gott kommt uns entgegen: im Wort der Heiligen Schrift, in den Sakramenten, mit seinem Segen. Darauf antworten wir mit Gebet und Gesang.
 
Gottesdienst ist Feier. 
Feiern kann man nicht ein „Thema“, aber einen Anlass, z.B. ein Ereignis wie die Geburt Jesu oder seine Auferstehung oder die Aufnahme eines Kindes in die Kirche durch die Taufe. Der Anlass führt dann zu einem Leitgedanken, an dem sich die Gestaltung des Gottesdienstes orientieren kann.
 
Das immer gleiche Geschehen bedarf eines kreativen Umgangs. 
Auch in jedem Gottesdienst mit Kindern feiern wir immer neu das Gleiche, nämlich: den Hindurchgang Jesu durch den Tod zur Auferstehung. Mit Fantasie und Kreativität lässt sich das Vertraute stets neu zum Ausdruck bringen.
 
Gottesdienst ist ein Fest für die Sinne. 
Symbole wir Brot, Wein, Wasser, Weihrauch und duftendes Öl, Dunkel und Licht, Gewänder in bedeutungsvollen Farben, Gesten (z. B. Hände falten oder ausbreiten) und Bewegungen (z. B. Knien, Stehen, bewusstes Sitzen, Prozessionen) machen aus dem Gottesdienst ein Fest für die Sinne und ein heiliges Spiel.
 
Kinder brauchen und lieben Wiederholungen. 
Gottesdienstelemente, die sich wiederholen (z. B. Lieder, Rufe oder Gesten an bestimmten Stellen im Gottesdienst) und eine klare Struktur wecken Gefühle des Vertraut-Seins und schaffen den Rahmen, der das Wechselnde oder Neue spannend macht.
 
Weniger ist oft mehr. 
Die Aufmerksamkeit von Kindern im Gottesdienst hat Grenzen. Eine Vielzahl von Bildern, Themen, Medien, aber auch das Überstrapazieren des „roten Fadens“ kann sie ermüden.
 
Nur was verstanden wird, kann mit vollzogen werden. 
Kinder müssen Texte, besonders dann, wenn sie sie selbst vortragen, inhaltlich und sprachlich verstehen und sich darauf vorbereiten können.
 
Gottesdienst macht Freude, wenn sich alle angesprochen fühlen und einbezogen werden. In einem Gottesdienst für Kinder sollen auch Eltern, Großeltern u.a. die Möglichkeit haben, aktiv den Gottesdienst mitfeiern zu können.
 
Gottesdienstvorbereitung ist ein geistliches Geschehen. 
Weil es beim Gottesdienst um die Feier des Glaubens geht, ist auch seine Vorbereitung ein geistliches Geschehen. Nur aus der eigenen Begegnung mit dem Wort Gottes kann Gebet und Gottesdienst erwachsen. Nach Möglichkeit sollen auch Kinder an der Vorbereitung beteiligt werden.

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