Wo ist die Seele?

Personen: (5) Sprecher
Mutter
Brigitte
Vater
Fritz
Spieldauer: ca. 4 Minuten
1. Szene  
Sprecher: Vater, Mutter und dreiKinder sitzen beim Mittagessen. Der Nachtisch ist schon aufgetragen. Plötzlich legt Brigitte den Löffel weg und starrt ein Loch in die Luft. Brigitte geht seit 14 Tagen in die Schule.
Mutter: Warum isst du nicht?
Brigitte: Ich überlege etwas ... Mutti, wo ist meine Seele eigentlich?
Mutter: Deine was?
Brigitte: Meine Seele. Der Lehrer hat heute gesagt: Jeder Mensch hat eine Seele. Aber ich glaube, ich habe keine. Ich habe sie noch nie gesehen. Wo habt ihr denn eure Seele?
2. Szene  
Sprecher: Der Vater räuspert sich und schaut auf die Uhr. Er kann jeden Tag zum Mittagessen kommen, denn sein Büro ist nicht weit, aber jetzt muss er zurück.
Vater: Ich muss gehen. Es ist höchste Zeit.
Brigitte: Wo hast du denn deine Seele? Zeig sie mir bitte. Du kannst sie gleich wiederhaben.
Vater: Ich kann sie dir nicht zeigen ... Hier habe ich meine Seele.
Sprecher: Der Vater pocht auf seine Brust. Aber Brigitte glaubt, dass er seine Brieftasche meint. Immer schlägt er ja auf seine Brusttasche, wenn er ausdrücken will, dass Geld unabhängig macht.
3. Szene  
Sprecher: Der Vater ist fort. Die Mutter spült in der Küche das Geschirr ab. Brigitte sitzt noch immer über ihrem Nachtisch, obwohl es doch heute ihren Lieblingspudding gibt. Da kommt Fritz, ihr 12jähriger Bruder.
Fritz: Du bist vielleicht eine Type. Du stellst Fragen.
Brigitte: Zeig mir halt deine Seele!
Fritz: Ich habe sie verkauft.
Brigitte: Kann man das denn?
Fritz: Kann man schon. Wenn sie etwas taugt, kriegst du einen Haufen Geld dafür. Aber wieviel ich bekommen habe, verrate ich dir nicht.
Sprecher: Fritz entfernt sich lachend. Jetzt merkt Brigitte, dass er einen Witz gemacht hat. Er lacht sie aus. Sie ist wütend.
4. Szene  
Sprecher: Mutter denkt beim Spülen über die Frage von Brigitte nach. Sie sagt plötzlich:
Mutter: Brigitte! - Wenn du willst, gehen wir danach zusammen spazieren.
Sprecher: Das ist sonst nicht üblich. Brigitte hilft - und bald ist alles erledigt. Sie gehen in den Stadtpark. Ein Eichhörnchen springt über den Weg. Auf dem Teich schwimmen junge Enten. Auf dem Kinderspielplatz ist eine neue Rutsche aufgestellt worden. Brigitte freut sich sehr. Da legt ihr die Mutter den Arm um die Schultern.
Mutter: Nun überleg einmal, woher das kommt, dass wir uns freuen können. Woher kommt es, das du dich über das Eichhörnchen freust oder wenn du traurig bist. Und du fühlst doch, wenn du ein schlechtes Gewissen hast?
Brigitte: Beim Schwindeln, da fühle ichdas sehr.
Mutter: Siehst du. Die Seele macht uns Menschen zu Menschen. Deshalb ist es uns so wichtig, dass wir das ganze Leben hindurch ...
Sprecher: Leider konnte die Mutter den Satz nicht zu vollenden, denn sie traf eine Bekannte und nachher stellte Brigitte eine ganz andere Frage. So ist das öfter bei Kindern.