Es begab sich aber zu der Zeit

Ein Weihnachtsspiel für Kinder von Rudolf Otto

Personen:
(11)
Erster König
Zweiter König
Dritter König
Maria
Josef
Der Wirt
Der alte Hirt
Zwei junge Hirten
Ein Mädchen
Der Verkündigungsengel
Spieldauer: ca. 15 Minuten
1. Szene: Die drei Könige brechen auf
Der erste König schaut angestrengt durch das lange Fernrohr. Der zweite König beobachtet ihn gespannt
Zweiter König: Ein neuer Stern ist aufgegangen? Laß mir das Rohr!
(Der erste König übergibt dem 2. König das Femrohr. Der 2. König schaut durch)
Erster König: In Abendwolken leuchtet's dort im Westen tief - strahlt fort und fort!
Zweiter König: (aufgeregt) Ein Stern, - ein Stern mit langem Schweif! Ich wette meinen Königsreif: Der Stern hat etwas zu bedeuten!
Erster König: Es ist viel Angst bei allen Leuten. Sie fürchten Schlimmes, Krieg und Not, von seinem Schein - Pest und Tod.
Zweiter König: Laß uns nach deinen Büchern gehen, daß wir die Wahrheit dort ersehen.
Dritter König: (kommt rechts um den Halbkreis herum und eilt auf die beiden zu, die gerade abgehen wollen.) Gott grüß euch, ihr edlen Herren!
Erster König: Willkommen! Sahst du auch den Stern?
Dritter König: Ritt ohne zu rasten Tag und Nacht, seit mir der Himmel kundgemacht, daß dort ein Wunder sich bereitet. Wohl dem, der mit mir westwärts reitet.
Erster König: Ein Wunder? Hier sieht jedermann den Stern als Strafe Gottes an.
Dritter König: Sagt ihr das auch, ihr Herrn? Behüte! Glaubt ihr nicht mehr an Gottes Güte? Mir wurde Besseres genannt
Zweiter König: Oh, sag es uns, was du erkannt!
Dritter König: (zeigt die Bibel vor) Im Buch der Bücher steht geschrieben: Gott will uns Menschen herzlich lieben, drum sendet er von seinem Thron Herrn Jesus, seinen lieben Sohn. Zum Zeichen des erschien der Stern: Geboren wird der Sohn des Herrn.
Erster König: (faltet die Hände) Der Sohn des Herrn, das Heil der Welt?
Zweiter König: (wie der erste König) Das Licht, das jede Nacht erhellt?
Erster König: O dürfte ich das Kind begrüßen!
Zweiter König: Ich würfe mich ihm gleich zu Füßen.
Dritter König: (in der Mitte der beiden anderen, umfaßt sie) Laßt es uns versuchen, laßt uns reisen. Den Weg wird uns der Schweifstern weisen.
Alle drei: Auf, ziehen wir dem Sterne nach! Bringt uns die Fahrt auch Ungemach, so finden wir zu hohem Lohn doch Gottes eingebornen Sohn!
2. Szene: Die Herbergsuche
Maria: Ach, Josef, lieber Josef mein, wie schafft der Weg mir arge Pein.
Josef: Maria, ach, mein liebes Weib, wir wandern nicht zum Zeitvertreib, (zornig) Des Kaisers Macht hat es befohlen! Man könnte sich den Tod fast holen in Sturm und Regen, Schnee und Frost und kaum zu essen - schmal die Kost.
Maria: Ach, Josef, lieber, guter Mann, nicht lange ich mehr weiter kann. Wie ist dies Bethlehem so weit!
Josef: Wir wanderten die längste Zeit. Nun ist's gewiß nicht mehr gar lang. Schon seh ich Lichter dort am Hang. Da ist auch schon das erste Haus. Komm setz dich her und ruh dich aus.
Maria: Ach, Josef mein, mich hungert sehr.
Josef: Ich habe nicht ein Krümtnchen mehr.
Maria: Ich fühle mich so matt und schwach. Ach, wären wir erst unter Dach.
Josef: Die ganze Stadt ist überlaufen, und um uns Herberg zu erkaufen, fehlt uns das Geld.
Maria: Wie war es hier!
Josef: Ein schönes Haus! Gut, klopfen wir. (pocht mit seinem Stab auf die Erde)
Der Wirt: Wer klopft?
Josef: Oh, zwei gar arme Leut.
Der Wirt: (tritt heraus) Was soll's?
Josef: Oh, gebt uns Herberg heut!
Der Wirt: Nein, nein!
Josef: Oh, lasset uns doch ein, wir werden ewig dankbar sein.
Der Wirt: (ärgerlich) Ihr seid die ersten nicht den Tag; was hat man mit dem Volke Plag!
Maria: Durch Gottes Liebe ich euch bitte, so öffnet uns doch eure Hütte!
Josef: Der Weg war weit, mein Weib so schwach.
Der Wirt: (grob) Kein Platz ist unter meinem Dach. Woanders klopft! Seht, wo ihr bleibt!(Wirt ab)
Maria: (nach längerem Schweigen) Der Wind schon wieder Flocken treibt und zerrt an meinem dünnen Tuche.
Josef: Ob ich es hier noch mal versuche? (pocht links, horcht, doch es meldet sich niemand) Man hört uns nicht, man schließt das Tor und schiebt auch noch den Riegel vor. (Er hebt Maria auf) Steh auf und komm, hier in der Stadt ist keiner, der Erbarmen hat. Hier ist nur Raum für große Herrn.
Maria (zeigt nach links oben, sie sieht dort den hellen Stern, der über dem Stallsteht)Schau, Josef, dort winkt uns ein Stern!
Josef: Gehn wir ihm nach, Maria mein, vielleicht will er uns Weiser sein, (gehen links ab)
3. Szene: Bei den Hirten auf dem Felde
von rechts kommen drei Hirten
Erster junger Hirt: Horei, horei, ihr Schäflein all, die Nacht bricht an, geht in den Stall! Horei, horei.
Mädchen: (von rechts) Treibt ihr schon ein?
Zweiter junger Hirt: Kein Halm wächst mehr am Wiesenrain. Der Schnee hat alles zugedeckt.
Mädchen: Wenn euch nur heut mein Essen schmeckt. Ich stelle es dort auf den Stein. - Kommt ihr nicht mal zur Stadt herein?
Alter Hirt: (aufgebracht) Ich in die Stadt? In das Getümmel? Bleib lieber unter freiem Himmel.
Mädchen: Brr, bei der Kälte, bei dem Dunkel!
Erster junger Hirt: (kindlich froh) Uns strahlt der Sterne Lichtgefunkel.
Zweiter junger Hirt: (ebenso) Bald geht auch auf der große Stern.
Mädchen: (schimpft) Den sehe ich nun gar nicht gern. Er ist ein schrecklich Himmelszeichen, der Not verkündet Armen und Reichen. Die ganze Welt soll untergehen!
Der alte Hirt: (ruhig) Du wirst noch viele Tage sehen. Wer sich an Gottes Botschaft hält, den ängstigt nicht in dieser Welt.
Mädchen: (zum ersten Hirten) Daß du dich vor dem Stern nicht bangst?
Erster junger Hirt: Ich? Ach, ich habe keine Angst.
Mädchen: (schnippisch) Nun denn, ich wünsch, bei euren Schafen mögt ihr die Nacht geruhig schlafen, (rechts ab)
Zweiter junger Hirt: Gut Nacht!
Der alte Hirt: Gut Nacht!
Erster junger Hirt: Seht, wie sie eilt!
Zweiter junger Hirt: Beim Tanze sie wohl lieber weilt.
Der alte Hirt: Wir aber stellen guter Ruh die Hürden aller Enden zu. Wenn alles schläft in banger Nacht, einsam der Hirt sein Vieh bewacht. (Die Hirten lagern sich am Boden und machen sich über das Essen her. Da kommen müde und matt von rechts Maria und Josef. Sie sehen erst die Hirten nicht, stehen nur traurig da. Dann erblickt sie Maria)
Maria: Sieh dort die Hirten, lieber Mann.
Josef: Ach, liebe Hirten, hört uns an!
Erster junger Hirt: (springt auf) Zurück, sonst hetzen euch die Hunde!
Maria: Ach, steht uns bei in dieser Stunde.
Erster junger Hirt: Was wollt ihr? Habt hier nichts verloren.
Maria: Vor Hunger schwach und halb erfroren, (da treten die Hirten mitleidig näher)
Der alte Hirte: Wo kommt ihr her, ihr armen Leute?
Josef: Von Nazareth. Schwer war es heute. Der Wind trieb Schnee so bitterkalt, verwehte Weg und Steg im Wald.
Maria: Wißt ihr vielleicht uns eine Hütte, ein karges Dach, Stroh - eine Schütte - daß ich mich kann - ein wenig - legen.
Der alte Hirt: (sehr lieb) Ich seh's, du mußt der Ruhe pflegen. Josef: Ganz Bethlehem ist überfüllt.
Der alte Hirt: Ein Tuch, darein dein Weib sich hüllt, kann ich dir geben, lieber Mann. (Erlegt Maria ein Tuch um die Schultern) Dann wandert hier nur hügelan - ein Stall, weit draußen bei der Weide und eine Streu reich'n für euch beide.
Maria: Und läßt der Stall uns beide ein, wird Raum auch für ein Drittes sein. (Maria und Josef links ab)
4. Szene: Die Verkündigung
Der alte Hirt wendet sich den jungen Hirten zu
Der alte Hirt: (zu den jungen Hirten) Nun legt euch nur zum Schlafen nieder, um zwölfe wecke ich euch wieder. Bis dahin halte ich die Wacht.
Zweiter junger Hirt: (ängstlich) Mir ist so bangsam diese Nacht.
Erster junger Hirt: Ach, geh, solange tausend Sterne - (sie suchen vergeblich am Himmel)
Zweiter junger Hirt: (wie vorher) Wo sind sie? Weder nah noch ferne ist heut ein Lichtlein zu erblicken.
Der alte Hirt: (wundert sich) Auch unser Feuer will ersticken.
Zweiter junger Hirt: Die Hunde gar, so scharf sie sind, sie ducken sich.
Der alte Hirt: (unruhig) 's schweigt selbst der Wind.
Erster junger Hirt: Der Lärm der Stadt ist ganz verhallt.
Zweiter junger Hirt: (voller Wundern) Mir ist jetzt auch - gar nicht - mehr kalt.
Der alte Hirt: (ebenso) Mir scheint, der Schnee schmilzt von den Wiesen. (Stille, sie sinnen)
Erster junger Hirt: Die vorhin wir zum Stalle wiesen, was mag mit diesen beiden sein! (Stille)
Der alte Hirt: Die Frau stand wie in hellem Schein. (Stille)
Erster junger Hirt: Merkwürdig ist - doch diese - Nacht -
Der alte Hirt: Legt euch zur Ruh, ich halte Wacht. (Während die beiden jungen Hirten sich zur Ruhe legen, geht der ältere wachend auf und ab. Nach einer Weile hockt er sich nieder) Mir werden schon die Lider schwer! Ich leg mich auch ein wenig her -(Schläft ein. Von links kommt der Verkündigungsengel. Langsam erwachen die beiden jungen Hirten, fahren auf und staunen den Engelan.)
Erster junger Hirt: Hilf Gott, was ist das für ein Klingen?
Zweiter junger Hirt: Mir ist, als hört ich Engel singen?
Beide: (zum alten Hirten) Wach auf, wach auf! Hörst du es nicht?
Der alte Hirt: (fährt erschrocken hoch, schaut den Engel an und verhüllt sein Gesielt t) Bergt euch! Das ist des Himmels licht! (Alle werfen sich vor dem Engel nieder, verbergen die Augen)
Engel: (laut) Fürchtet euch nicht; denn große Freude, ich will sie euch verkünden heute. Von nun an bis in tausend Jahren soll allem Volk sie wiederfahren: Euch ist der Heiland heut geboren, Christus der Herr, euch auserkoren. Ein Zeichen will ich euch verkünden: In Windeln werdet ihr dort finden in einer Krippe und auf Stroh den Gottessohn. Des werdet froh!
Engel und Halbkreis: (im Sprechchor) Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen allen ein Wohlgefallen.
Hirten: (dumpf) Amen!
(Engel tritt von den Hirten zurück)
Der alte Hirt: Was war das? - He, auf ihr! Erwacht!
Erster junger Hirt: Ich bin schon auf!
Zweiter junger Hirt: Welch eine Nacht!
Erster junger Hirt: Ein Kindlein ward geboren heut!
Der alte Hirt: Ein Kind, des alle Welt sich freut!
Erster junger Hirt: Der Christus?
Zweiter junger Hirt: Oh, laßt uns die Freude weitum im Land noch künden heute.
Der alte Hirt: Ich wüßt ein besseres Verweilen: zum Kind, zur Krippe laßt uns eilen! (da die anderen beiden zögern) Da führt der Weg!
Zweiter junger Hirt: (unschlüssig) Der helle Schein!
Erster junger Hirt: Der große Stern strahlt grad hinein -
5. Szene: Die Anbetung der Hirten und Könige
Der alte Hirt tritt zaghaft von rechts und staunt Maria und Josefund die Krippe an. Dicht hinter ihm stehen die beiden jungen Hirten. Sie wagen nicht näher zu treten. Erst als Josef den alten Hirten anspricht, verliert der seine Schüchternheit.
Josef: (erstaunt) Was willst du, guter alter Mann?
Der alte Hirt: Ein Engel hat uns kundgetan: Hier ward ein Kindlein heut geboren, das sei zum Heiland auserkoren.
Maria: (erschrocken) Ein Engel, sagst du?
Zweiter junger Hirt: Ja, er sang mit unbeschreiblich süßem Klang: Dies ist Herr Jesus, unser Gott, er rettet uns aus aller Not.
Maria: So sang der Engel von unserm Kind?
Zweiter junger Hirt: Ja, - und daß man's in der Krippe findt!
Der alte Hirt: Nun laßt uns an die Krippe treten, zum Himmelskindlein fromm zu beten.
Josef: Kommt nur, ihr Hirten, kommt heran, und beugt die Knie und betet an.
Erster junger Hirt: (kniet nieder) Du reicher Himmelsknabe du, oh, mach mich fromm und gib mir Ruh.
Zweiter junger Hirt: (kniet nieder) Ich hab nichts, als das Herze mein, darin soll deine Wohnung sein, ich will es halten rein und gut, nimm's an, nimm es in deine Hut.
Der alte Hirt: (kniet nieder) Ich habe dich gesehen, Kind, und weiß, daß Gottes Reich beginnt in dieser Stund, an dieser Statt, - und daß er uns gerufen hat. (die Hirten versinken in ein stummes Gebet. Dann treten die 3 Könige von links auf)
Josef: Wen suchet ihr, ihr hohen Herrn?
Erster König: Den Gottessohn. Uns rief der Stern, der vor uns her am Himmel lief!
Zweiter König: Er war es, der uns hierher rief!
Dritter König: Dies Kind, dies Kind ist Gottes Sohn. Trotz Armut kommt's vom höchsten Thron. Maria, Mutter auserkoren, hat uns das Christuskind geboren zu Bethlehem im armen Stall - Des freun sich Gott und Menschen all.
Erster König: (kniet nieder) Wir bringen dir, o Jesu hold, Weihrauch und Myrrhen, Gut und Gold.
Zweiter König: Das Beste doch von allen Dingen: Wir wollen unser Herz dir bringen. Dritter König: Nun rufen alle, alle Frommen, daß sie zur Krippe sollen kommen.
  Ende