"Das reicht vorne und hinten nicht"

Ein Zwiegespräch

Zur Erstkommunion ein Spiel, das sich an die Eltern richtet.

Kind:       Papa, in dieser Woche sagte der Mann, der im Fernsehen immer das Wort zum Sonntag spricht, daß es ohne irgend etwas "Höheres" eben nicht geht. Ich meine, er sagte, daß sich das ganze Leben nicht lohnt, wenn es da nicht noch irgend einen Sinn gibt.
Vater: Da hat er schon recht.
Kind: Du findest das also auch?
Vater: Sicher. Wenn man nur arbeiten würde, um essen zu können, und nur schlafen würde, um arbeiten zu können - das wäre wohl ein bißchen wenig.
Kind: Aber es gibt doch gar nichts "Höheres" heute!
Vater: Was soll denn das heißen? Es gibt nichts "Höheres"?
Kind: Na, dann sag doch mal was!
Vater: Dazu könnte ich eine ganze Menge sagen - aber zunächst müßten wir uns einmal klar darüber werden, was wir unter "Höherem" verstehen.
Kind: Sag doch einfach mal was, dann werden wir schon sehen!
Vater: In erster Linie haben wir schließlich die Religionen. In unserem Kulturbereich heißt das christliche Religion.
Kind: An die glaubt doch aber keiner mehr so richtig, oder?
Vater: Was redest du denn da? Selbstverständlich glauben die Menschen an ihre Religion.
Kind: Woran merkt man das?
Vater: Woran merkt man das! An vielem. Äußerlich schon mal daran, daß die meisten Menschen einer Kirche angehören.
Kind: Wir auch?
Vater: Das fragst du mich? Das ist ja wohl einigermaßen blamabel. Selbstverständlich gehören wir einer Kirche an!
Kind: Aber rein gehen wir nicht. Ich meine, so jeden Sonntag, wie du früher immer mußtest.
Vater: Ja mußtest. Du sagst es! Wir mußten als Kinder eben noch genau das tun, was die Eltern anordneten. Da hat uns keiner gefragt, ob wir wollten oder nicht.
Kind: Du hast mich aber auch nicht gefragt, ob ich in die Kirche gehen will oder nicht.
Vater: Ach! Willst du damit vielleicht sagen, daß ich dir etwas vorenthalten habe? Möchtest du vielleicht jeden Sonntag früh aufstehen und dir eine Predigt anhören, wie?
Kind: Ich weiß nicht. Aber interessanter als Autowaschen oder im Garten und Haus arbeiten wär's ja vielleicht.
Vater: Na bitte schön, wenn das so ist, dann können wir das gern einführen! Dann gehst du Sonntags zur Kirche. Aber dann auch regelmäßig und ohne Widerrede, verstanden? Und im übrigen: demnächst wird das sowiso auf dich zukommen, denn Mutter und ich haben dich zum Kommunionunterricht angemeldet. Und der Pfarrer sagte, dass alle Kinder jeden Sonntag zum Gottesdienst kommen müssen.
Kind: Aber ich hatte euch doch gesagt, daß ich das gar nicht will. Ich kenne die Kirche hier doch überhaupt nicht, und ich möchte sie auch gar nicht kennenlernen.
Vater: Darüber möchte ich mit dir nicht diskutieren. Du weißt, wir sind katholisch, du bist im dritten Schuljahr, und da gehen einfach alle Kinder mit zur Erstkommunion. Was sollen denn die Nachbarn sagen, wenn du nicht dabei bist? Und vergiss bitte Oma und Opa nicht. Wer weiß, wie lange sie noch leben. Und diese Freude willst du ihnen doch nicht verwehren?
Kind: Ich weiß, ich weiß. Bestimmt habt ihr auch schon wie die Eltern von meinem Schulfreund vor drei Jahren das Restaurant für den großen Tag reserviert.
Vater: Werde bitte nicht frech! Schließlich wird uns das ganze teuer zu stehen kommen, wenn ich daran denke, wen wir aus unserer Verwandtschaft alles einladen müssen.
Kind: Ja, und wenn dann alles vorbei ist, habe ich dann etwas "Höheres" gefunden, ich meine etwas, was meinem Leben einen Sinn gibt?
Vater: Das ist einzig und allein Sache des Pfarrers. Der wird schon wissen, was für dich wichtig ist, was er dir zu erzählen und dir beizubringen hat.
Kind: Das verstehe ich aber nicht. Bei allen anderen wichtigen Entscheidungen, die meine Erziehung angehen, läßt du dir von keinem reinreden. Da ist deine Verantwortung, die du für mich hast, dein einziger Ratgeber. Und diese Verantwortung kann dir keiner abnehmen - sagst du jedenfalls immer.
Vater: Das stimmt ja auch! Aber ...
Kind: Kein "Aber"! Weißt du, was ich denke, Papa?
Vater: Nein.
Kind: Ich mag dich, und ich habe dich und die Mama gern! Aber wir sollten ehrlich sein, zumindest uns gegenüber. Wir müssen uns nicht von anderen sagen lassen, was wir zu feiern haben oder nicht. Ich glaube, wir könnten uns auch gemeinsam auf den Weg machen, nach diesem "Höheren" zu suchen. Vielleicht finden wir in der Kirche eine Antwort. Und dann könnten wir eine Erstkommunion doch immer noch feiern, in ein, zwei oder drei Jahren. Jedenfalls, was wir im Moment so "Höheres" haben, das reicht hinten und vorne nicht!
Pfarrei Maria Königin, 50170 Kerpen-Sindorf
Vorherige Seite: Es begab sich aber zu der Zeit Nächste Seite: Spielbare Witze