Betlehem

Neue Hoffnung: Menschen helfen einander
Ein Spiel zum Lukasevangelium (2,3-7)

Personen:
(9)
Erzähler (kann auch weggelassen werden)
Maria
Josef
Reisende(r)
Ester, Schwägerin des Josef
Jakob, Bruder des Josef
Sein Sohn
Seine Tochter
Joachim, sein Vetter
Spieldauer: ca. 13 Minuten
Szene: Ort und Zeit der Handlung ist ein Haus in Betlehem, Wohnung des Jakob, eines Bruders von Josef im Jahr 7 v. Chr. Der Erzähler tritt in den Vordergrund.
Erzähler: So zog jeder in die Heimat seiner Sippe, um sich dort eintragen zu lassen. Auch Josef machte sich auf den Weg; von Nazaret in Galiläa ging er nach Betlehem, das in Judäa liegt. Maria, seine Frau, begleitete ihn. - Betlehem hier, ein unbedeutendes Städtchen. - dort im Norden, 7 km entfernt, liegt Jerusalem. Hier ist der Eingang zum Haus des Jakob, der ein Bruder des Josef ist. Die Einrichtung ist einfach. Ester, seine Frau, hat gerade die Wohnung aufgeräumt. (Der Erzähler verläßt die Bühne.)
(Das Haus des Jakob. Eine einfache Einrichtung: Tisch, Hocker, Kriige. Josefund Maria erscheinen. Sie kommen langsam in den Vordergrund.)
Maria: Ich glaube, wir sind bald da. Da vorn liegt Betlehem. Aber sieh nur all die Leute! Wo kommen die bloß her?
Josef: Ja, wo mögen die herkommen! Ich weiß nur, daß sie alle nach Betlehem wollen. Genau wie wir.
Maria: Da vorn scheint's überhaupt nicht mehr weiterzugehen.
Josef: Ein Ochsenkarren ist mitten auf der Straße stehengeblieben. Genau vor dem Stadttor. Mir scheint, da ist ein Rad gebrochen. Jetzt müssen wir erst mal warten.
Maria: O weh, es ist schon ziemlich spät. Wir wissen auch noch nicht, wo wir unterkommen.
Josef: Keine Sorge, unsere Verwandten haben Platz für uns. Und wenn nicht, dann gehen wir in das große Karawanenhotel, bis wir etwas anderes gefunden haben.
Reisende(r): Ihr wollt in die Karawanserei? Da werdet ihr kein Glück haben. Das ganze Hotel ist von der römischen Steuerkommission beschlagnahmt worden. Da findet ihr keine Unterkunft.
Josef: Ach so, das haben wir natürlich nicht gewußt.
Reisende(r): Viele Leute schlafen schon auf den Straßen und Plätzen im Freien.
Josef: Dann gehen wir am besten gleich zum Haus meines Bruders.
Reisende(r): Ich wünsche euch viel Glück. Ich suche auch noch einen Platz, wo ich bleiben kann. (Sie gehen weiter bis zum Haus des Jakob.)
Josef: Hallo - ist hier niemand?
Ester: Wer ist denn da? Ach, wenn das nicht Josef ist! Du hier! Nach so langer Zeit! Kennst du mich noch wieder?
Josef: Natürlich! Ester, meine Schwägerin. Du hast dich kaum verändert. Laß dich begrüßen.
Ester: Josef, sei willkommen im Haus deiner Väter. Wie lange warst du weg? Viele Jahre sind es, seit du weggezogen bist.
Josef: Aber es hat sich gelohnt. Ich konnte als Zimmermann und Bauhandwerker überall Arbeit und guten Lohn finden.
Ester: Jetzt bist du sicher wegen der Steuererhebung zurückgekommen. - Aber wer ist das? Du bist verheiratet?
Josef: Das ist Maria, meine Frau.
Ester: Maria heißt du? Friede sei dir und auch deinem Kind. Ich sehe, du bekommst bald ein Kind.
Maria: Du hast recht. Ich freue mich auf mein Kind. Friede sei auch dir und deinem Haus! (Maria setzt sich.)  
Ester: Ich bedauere dich und deinen Mann. Jetzt in einer so häßlichen Zeit ein Kind zu bekommen! Das ist gar nicht gut! Hast du keine Angst? Ich meine manchmal, in einer solchen Zeit sollten überhaupt keine Kinder geboren werden.
Maria: Aber wieso nur? Ich danke Gott für mein Kind.
Ester: Wenn du meinst... Ich habe ja auch Kinder. Aber heute hätte ich Angst, ein Kind zu bekommen. Man weiß doch überhaupt nicht, was die Zukunft noch bringen wird.
Maria: Unsere Kinder werden dafür sorgen, daß die Zukunft besser wird. Ich glaube, eines Tages wird man uns Frauen dankbar sein für jedes Kind, das wir zur Welt gebracht haben.
Ester: Ach, euch scheint es ja gut zu gehen. Entschuldige bitte, wenn ich ein bißchen mutlos bin. Wir hatten in den letzten Jahren wenig Glück.
Maria: Glück, ist das so wichtig? Ich versuche mich immer zu freuen, auch wenn ein Tag mal weniger schön ist. Ich will jeden Tag sagen können: Hoch erhebt meine Seele den Herrn. Ich freue mich über Gott, meinen Retter.
Ester: Wie schön, wenn man so fröhlich sein kann! Wenn ihr erst mal durch unser Haus und unsere Ställe und Felder gegangen seid, werdet ihr merken, wie schlecht es uns hier geht. Dem ganzen Land Judäa geht es schlecht.
Maria: Es kommt die Zeit, glaub es mir, es kommt die Zeit, wo niemand mehr Hunger und Not leidet.
Ester: Aber bestimmt nicht, solange die Römer die Herren im Land sind und sogar unsere eigenen Leute ihnen helfen, uns auszuplündern. Diese gemeinen Kerle!
Maria: Ich mache mir keine solchen Sorgen. Wenn ich mich einmal ärgere, sage ich mir: Gott , streckt seinen starken Arm aus und fegt die Hochmütigen samt ihren Plänen hinweg. Dann bin ich wiede ruhig und zufrieden.
Josef: Maria singt oft die alten Lieder unseres Volkes, und sie erfindet neue Verse hinzu. Ich hoffe, du lachst uns nicht aus. So macht sie uns immer wieder neuen Mut.
Ester: Mir gefällt das eigentlich sehr. Ich möchte diese Lieder einmal hören. - Aber jetzt ruht euch erst einmal aus. Ich sage meinen Leuten Bescheid und hole euch etwas zu essen und zu trinken. (Sie geht hinaus, Jakob kommt.)
Jakob: Josef, was höre ich, du bist in deine Heimat zurückgekommen! Laß dich umarmen.
Josef: Bruder, Friede sei dir und deinen Kindern und deinem ganzen Haus!
Jakob: Friede? - Eine schwere Zeit hast du dir für deine Rückkehr ausgesucht. Soviel Volk ist jetzt hier. Und alle voller Angst wegen der neuen Steuergesetze. Wo wollt ihr überhaupt bleiben? Unser Haus ist schon voll, so viele Verwandte haben wir aufgenommen. Meine Kinder schlafen auf dem Heuboden. Und dann deine Frau - eine Geburt steht auch noch bevor. Wo könnt ihr bloß hin?
Josef: Was ist mit Levi, unserem Onkel? Er hat doch das größte Haus in der Stadt. Ich werde ihn fragen, ob er ein Zimmer für uns übrig hat..
Junge: Puh, Levi! Levi und ein Zimmer für dich! Wo denkst du hin! Levi ist ein Schwein. Jakob: Still, so etwas sagt man nicht.  
Junge: Doch, Levi ist ein Schwein aus dem Land der Heiden. Und seine Kinder ebenso. Jakob: Still, sag ich dir.
Ester: (kommt herein mit Bechern und Schüsseln)
Hier ist etwas zu trinken. Wein. Und hier ist Brot und Salz und Ziegenkäse. Eßt und trinkt und laßt es euch gut sein.- Spracht ihr gerade von Levi? Ach, Josef, das ist ein Trauerspiel.
Josef: Was ist passiert?
Jakob: Er war vor drei Jahren in Jerusalem und hat sich von König Herodes zum Steuerbeamten ernennen lassen. Und seit dieser Zeit ist er ganz verändert. Er ist ein richtig gemeiner Zöllner geworden.
Junge: Er ist feist und fett und hochnäsig geworden. Er hat Steuergelder unterschlagen und ist furchtbar reich geworden. Jetzt will er mit uns nichts mehr zu tun haben.
Mädchen: Keines von seinen Kindern will mehr mit uns spielen. Aber wir rächen uns. Wir rufen Schimpfworte hinter ihm her und nennen ihn Herodes. Dann ärgert er sich, weil Herodes doch so ein schlechter Mensch ist.
Josef: Kinder, da übertreibt ihr aber. So schlimm wie Herodes kann unser Onkel doch nicht sein.
Junge: Du meinst, weil Herodes seine eigene Frau (Handbewegung: Kopfschlagen)... Und seine Söhne hat er auch umbringen lassen.
Mädchen: Und den Römern schenkt er Waffen und Lebensmittel und viel Geld! Und wir müssen das bezahlen. Herodes ist ein ganz unreines Tier.
Jakob: Kinder, ihr haltet euch jetzt heraus. Wer hat euch diese unanständigen Worte beigebracht?
Junge: Ach, das sagt ihr doch auch, wenn ihr in Wut kommt über König Herodes.
Josef: Aber was ist denn nun mit Levi los? Ich kann das einfach nicht glauben, daß er mit uns nichts mehr zu tun haben will.
Junge: Geh doch selbst hin! Du wirst schon sehen.
Josef: Das tue ich auch. Ich will mit ihm reden, und ich werde ihm sagen, daß meine Frau ein Kind erwartet. (Josef geht hinaus)
Ester: Der wird sich wundern!
Jakob: Wartet ab, wenn er zurückkommt. Dann könnt ihr ihn schimpfen hören, schlimmer als unsere Kinder. Ich kenne überhaupt keinen anständigen Juden in unserer Stadt, der nicht auf die verdammten Zöllner schimpft. Aber jetzt sorgt erst einmal dafür, daß die beiden hier eine notdürftige Unterkunft bei uns finden.
Maria: Wir haben genügend Sachen mitgebracht, auch Schlafdecken.
Jakob: Heute nacht könnt ihr hier in der Ecke schlafen. Aber morgen müssen wir überlegen, wo ihr bleibt. Ich hole eure Sachen herein. (Josef kommt wieder, sehr langsam.) Ah, da kommt Josef zurück. - Na, hast du eine fürstliche Wohnung gefunden? Ein Dachgeschoß angeboten? Na, sag was, du kannst ruhig fluchen. Das nimmt dir keiner übei.
Josef: (stockend) Man hat mich überhaupt nicht ins Haus hineingelassen. Ein Junge kam heraus, und als er hörte, daß ich Josef aus Nazaret sei, nannte er mich einen Amharaz - einen Zigeuner, und sagte, in Nazaret gäbe es nur dummen Pöbel. Warum nur sind diese Leute so böse?
Jakob: Na, hatte ich nicht recht? Gott möge seine Nachkommen vernichten! Er tilge sein Gedächtnis in unserem Land!  
Josef: Neb, sprich nicht so. Vielleicht ist Levi nur unglücklich.
Jakob: Aber so ein Fluch ist doch erlaubt. So haben schon unsere Väter gebetet, solche Fluchpsalmen haben sie gedichtet und gesungen.
Josef: Ich kenne das Lied. Aber wer das erfunden hat, der hat wohl noch viel Schlimmeres erlebt. Ich will niemanden verfluchen. Vielleicht ändert sich Levi oder wenigstens seine Kinder.
Ester: Der und sich ändern? Der ist doch ganz und gar verdorben, und seine Kinder sind genau so wie er. Du hast es doch selbst erlebt.
Junge: Die sollte man alle verprügeln und aus dem Land jagen. Jawohl! Aus dem Land jagen! Josef: Es müßte mal einer zu ihm gehen, ganz freundlich, ohne Haß und ohne Rachegefühle.
Jakob: Ach, Unsinn! Verjagen müssen wir sie alle. Wenn wir es nicht tun - dann wer. cn unsere Kinder es eines Tages fertigbringen.
Maria: Mein Sohn wird dabei nicht mitmachen, das sage ich euch. Nein, mein Sohn soll dabei nicht mitmachen. Man soll die Menschen nicht verfluchen, man soll sie retten. Mein Sohn - ich wünsche, daß er ein Retter wird, ein Helfer, einer, der die Menschen lehrt zu verzeihen.
Jakob: Na, warte ab! Wenn dein Sohn das erlebt hat, dann wird er auch fluchen. Fluchen wird er, das sage ich euch.
Maria: Ich wünsche, daß er das Verzeihen lernt. Erst wenn alle bereit sind zu verzeihen, werden wir wieder fröhlich singen können: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede allen Menschen.
Josef: Das ist auch meine Meinung. Nichts für ungut, Bruder; ich kann deinen Ärger verstehen. Abe ich hoffe wie meine Frau, daß unser Sohn anders wird als so viele von uns. Aber jetzt will ich erst gehen und unser Gepäck abladen; und dann muß ich die Tiere versorgen.
Ester: Hier ist etwas Platz für euch. Da könnt ihr euch nachher hinlegen und ausruhen. Da kommt mein Vetter Joachim. (Joachim kommt herein.)
Joachim: Josef, Friede sei dir. Ich höre von deinen Schwierigkeiten. Du hast noch keine Unterkunft gefunden? Hier im Haus sind schon zu viele Gäste untergebracht. Aber ich habe eine Idee, wie wir dir helfen können: Meine Herden sind zur Zeit im Freien. Die Ställe sind leer. Du bist doch ein guter Handwerker. Ich denke, in ein paar Stunden kannst du dir einen Stall wohnlich machen.
Josef: Das könnte vielleicht gehen. Mit solchen Sachen kenne ich mich aus.
Joachim: In der Regenzeit wohnen die Hirten in den Ställen. Sie haben sich eine Kochstelle eingerichtet und einige Schlafnischen.
Josef: Ich glaube, ich nehme dein Angebot an. Das wäre eine gute Lösung. Ein Vorhang ist schnell angebracht, vielleicht auch eine Türe.
Mädchen: Wir haben genügend Kisten und Truhen. Davon kannst du dir ein paar mitnehmen.
Joachim: Wasser ist übrigens ganz in der Nähe. Der Brunnen mit der großen Schafstränke, die wir im vorigen Jahr neu angelegt haben. Deine Frau hätte nicht sehr weit zu gehen, um das Wasser zu holen. Ein paar Krüge kannst du von mir geliehen haben. Aber jetzt ruht euch erst mal aus. Morgen helfen wir euch gerne alles besorgen, was ihr zum Kochen nötig habt.
Mädchen: Ich gehe gleich hinüber und fange schon mal an sauberzumachen. Ich kenne die Ställe gut. Wir spielen manchmal da draußen. Bruder, kommst du mit?
Joachim: In diesen schweren Zeiten müssen wir alle zusammenhalten.
Maria: Mein Kind wird nicht in einem Palast zur Welt kommen, sondern in einem Stall. Aber auch in einem Stall werden wir ihm alle Liebe schenken, die ein Kind braucht, um selbst einmal andere glücklich zu machen.
  Ende
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